Wenn im Rheinhauser Kinderheim Wünsche in Erfüllung gehen (NRZ)
Die Mädchen und Jungen vom Sankt Josef freuen sich an Heiligabend auf gespendete Geschenke. Doch der Leiter wünscht sich für sie noch etwas.
Weihnachten ist ein Ausnahmezustand. Diese wenigen Tage des Jahres machen viel mit den Menschen. Weihnachten sorgt nicht nur für Stress, Weihnachten stimmt auch milde. Das beginnt Anfang Dezember, wenn überall die Wunschbäume aus dem Boden sprießen und auffallend viele Leute Ausschau nach der Möglichkeit halten, anderen ein Stück vom Kuchen des Überflusses abzugeben.
Das Friemersheimer Kinderheim Sankt-Josef gehört zu denen, die von dieser Zeit der Güte profitieren. Lions Club, Post AG, Mayersche Buchhandlung – gleich mehrere Unternehmen und Institutionen haben in diesem Jahr die Einrichtung an der Bismarckstraße mit Spenden und Geschenkaktionen bedacht. Und wenn heute ab dem späten Nachmittag für die meisten endlich Ruhe einkehrt, dann spüren auch die Kinder und Jugendlichen von Sankt-Josef, dass ein besonderer Tag ist.
Ein Papierstern für den Wunschbaum des Lions Clubs
Medina hat den gelben Papierstern mit ihrem liebsten Wunsch selber in der Trompeter Sparkasse an den Wunschbaum des Lions Clubs gehängt. Sie hat sich auf die Zehenspitzen gestellt und einen besonders guten Tannenzweig ausgesucht. Schön weit vorne. Bei unserem Besuch kurz vor Weihnachten marschiert die Achtjährige stolz über den Flur der Tagesgruppe des Kinderheims und zeigt uns alles. Küche (heute gibt es selbst gekochte Kartoffelsuppe), Kreativraum, Spielzimmer, Gruppenraum, Snoezelraum mit Hängematte und Kuschelkissen.
All das ist zurzeit Medinas zweites Zuhause. Da ihre Mutter Unterstützung bei der Aufgabe braucht, für ein Kind dazusein, ist Medina vorübergehend in der Tagesgruppe von Sankt-Josef. „Die Kinder sind nach der Schule bei uns und werden abends wieder nach Hause gebracht“, sagt Gruppenleiter Kim Reipöhler. Sie sind alle im Grundschulalter und bleiben in der Regel zwei bis zweieinhalb Jahre. Mit Wäscheklammern hängen Fotos aller Ehemaligen, die seit 1999 hier waren, an Kordeln an der Wand. Manche von ihnen kommen ab und zu noch mal vorbei. „Neulich war sogar die erste mit ihrem eigenen Kind hier zu Besuch.“
Nonnen haben das Waisenhaus 1925 gegründet
Ein Kinderheim ist nicht mehr das, was früher damit in Verbindung gebracht wurde. Nonnen haben die Friemersheimer Einrichtung 1925 ganz klassisch als Waisenhaus gegründet. „Nach den Kriegen gab es damals ja auch wirklich viele Kinder, die ihre Eltern verloren hatten“, erklärt Michael Hegemann die Ursprünge des Kinderheims. Heute ist er Geschäftsführer der Sankt-Josef Kinder-, Jugend- und Familienhilfe. Eine gemeinnützige Einrichtung, in der pro Jahr rund 200 Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Familien betreut werden.
Das kann wie im Fall von Medina in einer Tagesgruppe sein. Aber es gib auch feste Wohngruppen, die eine Familie ersetzen. Oder Intensivgruppen für diejenigen, die aus besonders schwierigen Verhältnissen kommen und noch mehr Unterstützung brauchen als andere. In insgesamt 16 Gruppen in Duisburg und Moers hat Sankt-Josef Plätze für junge Menschen von vier bis 19 Jahren.
Geschenke für den Start in ein selbstständiges Leben
Alle von ihnen werden heute ein Geschenk bekommen. Medina hat ihres mit nach Hause genommen und darf es heute Abend auspacken. Wer weiß, vielleicht ist ja tatsächlich eine „Badebomben-Fabrik“ in dem Päckchen, das die Helfer vom Lions Club nach Friemersheim gebracht haben und das hier in der Vorweihnachtszeit sehr gut versteckt wurde. Einen solchen bunten Bastelkoffer mit Zutaten für selbst gemachte Badekugeln hat sich die Achtjährige sehr dringend gewünscht. Berkay, ein achtjähriger Junge aus ihrer Gruppe, hätte gerne eine Nerf-Pistole mit Schaumgummipfeilen zu Weihnachten.
Aber es gab auch ganz anderes, was auf den Wunschsternen stand. Bettwäsche zum Beispiel. Oder ein Waffeleisen. Solche Dinge haben die Großen aufgeschrieben, die ihren Platz im Kinderheim bald gegen eine eigene Wohnung eintauschen werden und sich auf den Start in ein selbstständiges Leben vorbereiten.
Wunsch nach mehr finanzieller Unterstützung
Die Kinder und Jugendlichen, die unter dem Dach von Sankt-Josef ihr Zuhause haben, leben in kleinen Gruppen zusammen. Dort wird heute gemeinsam Weihnachten gefeiert. „Alle Betreuer sind dabei“, sagt Michael Hegemann. Es gibt einen Weihnachtsbaum, etwas Besonderes zu essen und zur Bescherung werden die gespendeten Geschenke überreicht. Fast wie in einer Familie. Nur, dass die Betreuer danach nach Hause fahren und nur einige wenige zum Nachtdienst dableiben.
So schön der Spenden- und Geschenkesegen für das Kinderheim alle Jahre wieder im Dezember auch ist – ein Jahr hat einfach viel mehr Tage als nur Weihnachten. Geschäftsführer Michael Hegemann will nicht undankbar klingen, aber er spricht das aus, was auch die Gruppenleiter bewegt. „Wir könnten noch viel mehr für unsere Kinder und Jugendlichen tun, wenn wir auch über das Jahr verteilt noch mehr finanzielle Unterstützung hätten.“
Neuer Bolzplatz für 2020 geplant
2020 würde das Kinderheim gerne den Bolzplatz erneuern. Der ist noch aus den 60er Jahren, aus Beton gegossen und mit Metalltoren. Blutige Knie sind hier keine Seltenheit. Deshalb haben die Mädchen und Jungen, die sich im Kinderrat des Hauses engagieren, das Thema neulich mal wieder auf die Tagesordnung gebracht. Ein teurer Wunsch: 80 000 Euro werden benötigt.
Auf Großspender wie die Sparkassenstiftung, den Spar- und Bauverein oder die Sankt-Josef-Stiftung kann das Kinderheim zählen. Aber bis zum fertigen Bolzplatz ist noch immer sehr viel Luft nach oben. Eine von vielen Gelegenheiten, auch nach den Weihnachtstagen für andere etwas Gutes zu tun.
Diese Artikel erschien in der NRZ am 23. Dezember 2019
https://www.nrz.de/staedte/duisburg/wenn-im-rheinhauser-kinderheim-wuensche-in-erfuellung-gehen-id227984531.html